Sonntag, Juni 17, 2012

konzert: lunastrom festival, 15.06.12

wenn die lichtkunst- partyreihe lunastrom zum zehnjährigen lädt, dann wird geklotzt und nicht gekleckert. dass dabei auf charmante weise understatement regiert, ist die andere seite der medaille. denn allein die location, die alte schlafwagenfabrik in neuaubing, grinst den ankommenden aus verbeultem gesicht windschief entgegen und macht dennoch aufgrund ihrer mondänität und großzügigkeit einiges her. in ihren weiten hallen konnte man sich verlieren, durfte aber genauso gut an den ausstellungsobjekten, licht- und geräuschinstallationen kleben bleiben, sich auf schlafgelegenheiten lümmeln oder im rauchergeviert nach frischer luft schnappen. die gegensätze zogen sich an. über drei tage soll gefeiert und getanzt werden und während der freitag ganz im zeichen der livemusik stand, wird am samstag vor allem aufgelegt, um am sonntag unter der fahne von innen.außen.raum erneut konzerte (u.a. woodpigeon) anbieten zu können.
direkt am s-bahnhof neuaubing gelegen, kann jeder diesen ungewöhnlichen ort leicht für sich entdecken. unsere dicke empfehlung für das restprogramm.

für die klienicum beobachter aber stand vor allem der freitag auf dem plan. die musikalische mischung des abends war allerfeinst und somit im fokus unseres "magazins". noch vom oberlicht geflutet stand die junge truppe come back harriet in tageshelle und spulte einen sehr gut austarierten shoegazer pop auf den staubigen betonboden. zwei elektrische gitarren umspulten sich fleißig und ließen die liquiden melodien durch das industrielle ambiente fließen. die stabilität erhielten sie aus bass- und drumkonstruktion, die treibend und zugleich sichernd arbeiten konnten. spätestens beim zweiten song "side" hatte auch das publikum anbindung an den rockigen vierer aus münchen. dem stand hazel vor, der eine wandlungsfähige stimme zur verfügung hat und sie immer mal wieder dramatisierend in die runde warf. seine kollegen zogen dann deutlich das tempo an und man konnte nicht anders, als seinen körper selbst ein wenig tanzen zu lassen. noch war der abend aber zu jung, um es dem bis dahin einzigen tänzer nachzuahmen. der aber zog richtig vom leder und sorgte für bewunderndes lächeln. "cut the lights" dagegen bekam von der basserin rosa ein lebendiges background "uhuuu, uhuuu" und das das konzert beendende "come back harriert" wogte in die dämmerung hinein, die sich glitzern zeigte ob all der lichtsspiele in und außerhalb der location. come back harriet darf man im auge behalten.
setlist: manhole 69 / side / funny bones / cut the lights / slow june / sunshine smile / come back harriet

the lost rivers hieß die zweite band des abends und der dreier aus baden-wüttemberg ließ von anfang an deutlich durchscheinen, dass hier und heute keine gefangenen gemacht werden. aus einem dichten soundwall musste man sich sowohl melodie als auch gesang selbst herauspicken, was nicht immer ganz einfach war. denn die schießbude, an der die kleine izzy hockte, entwickelte einen so enormen bumms, dass man froh gewahr wurde, noch auf eigenen beinen zu stehen. der dumpfe bass von hell pilot verhalf der vorstellung zu einer weiteren aggressiven note, die ergänzung in der filigranen wie nervenaufreibenden gitarrenperformance von phil wolkendorf fand. aufgrund der fatalen lautstärke verzogen wir uns nach der hälfte des sets und konnten nicht weniger gut beschallt auf dem außengelände verfolgen, dass die band noch sehr ausgewogen agierte. angesichts der sonstigen martialischen wortwahl ein gegensatz, aber wie die musikalie wogte, in sich beständigkeit erlebte und trotz der neigung überbordend und manisch zu sein, blieb sie fesselnd und nährte beständig die neugier. beobachten.

schön zu sehen war auch, dass der alte ride vorstand mark gardener gut erhalten geblieben war. der 1969 in oxford geborene zeigte sich in erstaunlicher form, sowohl äußerlich als auch in sachen darbietung. mit einem hütchen bekleidet und lediglich mit seiner 12string bewaffnet, erhaschte er in kürzester zeit ohr und aufmerksamkeit der umstehenden. hin und wieder ein loop nutzend, spannte gardener eine melodie nach der anderen in die weite der riesigen halle und ließ sie hallverstärkt an seinen stimmbändern vibrieren. der zarte schmelz seines gesangs ist einnehmend wie vergötterungswürdig. da wird selbst hartgesottenen zugleich heiß und kalt. hinzu kommt eine bearbeitung der gitarre, die sich gewaschen hat. von schraffuren, einem gelegentlichen picking abgesehen, beherrscht der engländer harmonie- und tempowechsel sowie die unterschiedlichsten ausdrücke. das popelement steht ihm gut und er würde sich sicher auch prima in einer boygroup machen. doch er brauchte keine unterstützung, die songs hatten ausreichend profil und gehalt, um allein mit ihnen dazustehen. "love like ghosts" zum beispiel ist auf platte ein schimmerndes zerwürfnis, live erhielt der song spannung und eine hooklastige note. schon der einstieg mit "gravity flow" vom 2005er soloalbum "these beautiful ghosts" war klasse. eine hingeworfene schleife, an der sich gardener abarbeitete. bereits mit "from time to time", dem zweiten gespielten lied des vortrags, verwies der künstler auf die legende ride, die diesen track 1994 auf "carnival of light" führte. "chromes waves", folgend, bot ein anschauliches beispiel für gardeners künste, die melodie gesteuert und den bass geschlagen, seinem gitarrespiel macht so schnell keiner was vor. von der wunderschönen melodie dieses ride- klassikers, auf "going blank again" enthalten, mal ganz abgesehen. ich habe diesen auftritt über alle maßen genossen, zumal die eine oder andere erinnerung an ride und damit verbundene erlebnisse ebenfalls durch die gehirnwindungen schossen. ein highlight sicher die neue single "the places we go", die in zusammenarbeit mit robin guthrie entstand. warum? pssst, erscheint erst anfang juli....
setlist: gravity flow / from time to time / chrome waves / love like ghosts / the story of the eye / time machine / twisterella / the places we go / in a different place / vapour trail

love like ghosts - mark gardener

abschluss des ersten lunastrom festivaltages waren esben & the witch, die alsbald in nebenschwaden getaucht einen ganz eigenen sog entwickelten. elektronisch gefärbt dominierten doch die soundschmeichelnden, weil füllenden gitarrenarbeiten von thomas fischer sowie das schwer polternde drumming, das sowohl der frickler daniel copman als auch sängerin rachel davies entweder gleichzeitig oder in folge übernahmen. der stil des londoner dreiers ist schwer zu packen, das nightmorepop- dingens sollte man aber schnellstens über bord werfen. hier wird konzentriert gearbeitet und kein blümeranter zinnober abgehalten. doch die düsternis wabert über dem gesamten auftritt. unheilvolles hufescharren, ohne dass am ende irgendwer aus den gräbern steigt. cinematoscopisch ist es dennoch, was die drei da auf die bühne bringen. aus den nebeln steigen phantasien, die man nur selten mit den liebsten teilen möchte. dräuend, tiefe imitierend, pulsierend, ziseliert, der helle, in sphärische getriebene gesang, durchschnitten von einer gierigen gitarrenspur, an geräuschefetzen hängend. die einzelteile verbauen sich wie von zauberhand zu einer orgiastischen einheit und beteuern dem rund treue und sorglosigkeit.

auf der heimfahrt hielten uns die vielen ergebnisse wach, diese nacht war uns lieb und teuer. einen herzlichen dank an die lunastrom leute und an f.!
für Euch der tip, Euch an diesem sonntag auf nach neuaubing zu machen, brunhamstr. 19a, leicht zu finden, alle infos zum tag 3 des festivals gibt es hier.

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